Eins muss man Friedrich Merz lassen: Er ist immer noch für eine Überraschung gut. Die Kabinettsmannschaft der Union, die der designierte Kanzler am Montag vorgestellt hat, enthält eine Reihe unerwarteter Namen.
Manche Nominierten kannte die Öffentlichkeit schlicht nicht. Dazu zählt die Innenexpertin Nina Warken, die Gesundheitsministerin werden soll. Sie wurde wohl eher wegen ihrer Herkunft aus Baden-Württemberg als wegen ihrer Fachkenntnis nominiert. Oder der künftige Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU), selbst Eingeweihten bis dato nur als Bruder der früheren Gesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt ein Begriff.
Interessanter sind zwei Personen, die ebenfalls in keiner Prognose auftauchten: Die Vorstandsvorsitzende des Energiedienstleisters Westenergie AG, Katherina Reiche, soll Wirtschaftsministerin werden. (Lesen Sie hier mehr zu dieser Personalentscheidung.
) Sie war früher CDU-Bundestagsabgeordnete. Das Digitalministerium übernimmt der Chef der MediaMarktSaturn-Gruppe, Karsten Wildberger.
Gegen beide Berufungen gibt es Einwände: Hält mit Reiche nicht der Lobbyismus im Wirtschaftsministerium Einzug? Und wie soll ein politisch unerfahrener Manager eines der schwierigsten Modernisierungsvorhaben auf den Weg bringen?
Vielleicht stimmt das. Vielleicht schadet es aber auch nicht, eine Ministerin zu haben, die die Auswirkungen der Energiewende vonseiten der Wirtschaft kennt. Dass Berufspolitiker besonders erfolgreich dabei gewesen sind, die Digitalisierung voranzutreiben, kann man ebenfalls nicht behaupten. Im besten Fall hilft Reiche dabei, die Akzeptanz für politische Reformen in der Wirtschaft zu stärken. Und Wildberger könnte zeigen, dass man auch ohne Kettensäge modernisieren kann.
Das größte Experiment findet ohnehin an anderer Stelle statt. Einen Kanzler ohne jede Regierungs- oder Verwaltungserfahrung hatte diese Republik noch nicht. Wie schreibt unser Kolumnist Nikolaus Blome so richtig: Für diesen Kanzler kann’s nur noch aufwärtsgehen. (Lesen Sie hier seine Kolumne.)